Artikel aus dem Lokalsportteil des Weser-Kurier am 03.02.2025 von Florent Comtesse:
„Regnet es im Winter eigentlich immer so viel hier?“, fragt der junge Südafrikaner Josh Opperman, der seit September des vergangenen Jahres in der Hockey-Abteilung beim Club zur Vahr einen Freiwilligendienst absolviert. Und klar, für den 19-Jährigen ist das Wetter noch etwas Ungewohntes – herrschen in seiner Heimat Kapstadt auf der Südhalbkugel der Erde statt frostigen Temperaturen gerade sommerliche 21 Grad und Sonnenschein. Aber langsam gewöhne sich der U18-Nationalspieler an die Umstände. „Das ist ja auch eine Erfahrung fürs Leben. Ich habe, seitdem ich hier bin, auch zum ersten Mal Schnee erlebt“, schmunzelt Opperman.
Und genau für diese Eindrücke hat der Hockeyspieler die Reise nach Deutschland angetreten: „Es war schon immer mein Traum, in Übersee Hockey zu spielen“. Und da er 2023 seine Schulzeit beendet hatte, wollte er vor seinem Studium in einem Übergangsjahr das große Abenteuer wagen, neue Kulturen kennenlernen, eine neue Sprache lernen und seine Hockey-Kunde erweitern. Die Gelegenheit hat er über ein Freiwilligenprogramm beim Club zur Vahr gefunden.
„Wir alle haben Hockey im Kopf, das verbindet. Und auch mit den anderen den Alltag zu meistern, das ist eine wichtige Erfahrung.“
Durch den südafrikanischen Trainer Solomon Casoojee, der beim Klub die ersten Herren leitete, hat Opperman den Kontakt herstellen können. „Ich habe gehört, dass der Club viel bietet und wir auch auf dem Vereinsgelände unterkommen können“, sagt der 19-Jährige, der in einem Zimmer des sogenannten „internationalen Hauses“ mit drei anderen Hockeyspielern aus aller Welt zusammenlebt. „Wir alle haben Hockey im Kopf, das verbindet. Und auch mit den anderen den Alltag zu meistern, das ist eine wichtige Erfahrung“.
Zu seinen Aufgaben im Club zählen vor allem das Training mit Kindern und Jugendlichen. In drei wöchentlichen Einheiten probiert er mit den jungen Hockeyspielern neue Dinge aus: von Techniken bis zu Spielzügen. Dass es mit der Sprache noch etwas hapert, sei dabei kein großes Hindernis, sagt Opperman. „Das lachen wir weg“, schmunzelt er. Dienstags und donnerstags trainiert er zudem mit der ersten Herren-Mannschaft, um am Wochenende dann auch selbst auf dem Platz zu stehen. Deutschkurse und Seminare, in denen er das Trainerhandwerk erlernen soll, gehören ebenfalls zu seinem Wochenplan. Oder wie er sagt: „Der Club bietet mir alles, was ich brauche, um meine Fähigkeiten weiterzuentwickeln“.
Denn Josh Opperman träumt von der großen Hockey-Karriere. Spielte er vor seinem FSJ in Deutschland noch in der U18-Nationalmannschaft Südafrikas, wolle er nach seinem Freiwilligendienst und neben seinem zukünftigen Studium – am liebsten irgendetwas mit Sport – über die U21 ins Herren-Nationalteam. Aber jetzt sei es erst mal wichtig, in seiner aktuellen Wahlheimat so richtig anzukommen, wie er sagt. Der Unterschied zwischen der Fünf-Millionen-Metropole Kapstadt und der Hansestadt sei zwar riesig, aber: „Bremen ist eine ruhige Stadt, ich bin ein ruhiger Mensch, das passt gut“, erzählt Opperman. Sein Wunsch wäre es, demnächst einmal ins Weserstadion zu einem Bundesligaspiel zu gehen.
Große Nachfrage nach Freiwilligen
Die internationale Komponente sei wichtig für die Klubkultur, bekräftigt Jan Kulla, Vorstand der Hockey-Abteilung beim Club zur Vahr das Programm. „Das hat auch etwas mit Bildung, mit Neugierde und mit Sprachen zu tun. Es ist faszinierend zu sehen, wie andere Kulturen den Sport leben“, sagt Kulla. Auch aus diesem Grund sei es dem Club wichtig, das Programm zu fördern, auch wenn es Gelder benötigt.
Ein Beispiel dafür sei das „internationale Haus“, das von der Stiftung des Clubs zur Vahr auch mit Spendengeldern zur Verfügung gestellt werden konnte. „Wir haben ein Programm aufgebaut, was sich selbst füttert“, sagt Kulla. Die internationalen FSJler würden ihren Freunden und Bekannten davon erzählen, wovon der Verein durch Kontakte in alle Welt profitieren würde. „Wir setzen ein Zeichen, offen zu sein für alle Kulturen“. Josh Opperman sei da nur ein Beispiel.
„Freiwilligendienst muss aber unabhängig von Herkunft sein.“
Thomas Kaessler, Geschäftsführer Landessportbund Bremen
Dass sich ein Freiwilligenprogramm – auch international – für Bremer Vereine lohne, bestätigt auch Thomas Kaessler, Geschäftsführer des Landessportbunds Bremen: „Das sorgt für eine Vielfalt in den Gruppen und in den Vereinen, es bietet Möglichkeiten, Kulturen kennenzulernen.“ Insgesamt wären im vergangenen Jahr 62 Plätze in Bremer Klubs offen gewesen, die aber nicht alle besetzt werden konnten. „Die Sportvereine haben eine steigende Nachfrage an FSJlern“, sagt Kaessler. Die Forderung der Sportjugend, die für die Freiwilligendienste verantwortlich ist, sei, dass das Programm von der Politik rechtlich abgesichert werden muss, damit nachhaltig geplant werden kann.
Foto: Karsten Klama